Donnerstag, 9. August 2007

Heute wechseln wir mal die Seiten

Neben der Medienschelte gibt es auch Aktionen, wo man die Medienbetreiber und Redaktionen einmal richtig in Schutz nehmen möchte. Vor allem dann, wenn sie ungewollt vor ganz komischen Entscheidungen stehen: Momentan gehen in den Redaktionen Deutschlands päckchenweise Erotikartikel ein. Bestellt? Von wegen.

Eine PR-Aktion, die in jedem Fall die Redaktionen vor eine Frage stellt: Wegwerfen (heißt, der Verseder wird mutmaßen, dass die Ware gefallen hat). Zurücksenden (heißt, der Versender wird mutmaßen, dass die Redakteure für den vermeintlichen Scherz zu spießig sind). Drüber berichten? (Heißt: Der PR-Gag ist direkt aufgegangen.) Schauen wir mal, ob jemand drauf reinfällt und wer der Erste ist... Gut dass es entlarvende Journalisten wie Thomas Knüwer gibt. Wäre nicht das erste mal, dass sich so eine Aktion genau ins Gegenteil verkehrt. Gefunden bei der lieben Indiskretion Ehrensache.

Wir befragen uns selbst

Vor ein paar Tagen habe ich ja über die Segnungen und Flüche von Multimedia sinniert. Ich habe ein neues, insgesamt eher betrübliches Beispiel entdeckt, dass es den deutschen Zeitungen ganz ernst damit ist, Fernsehen zu machen - oder zumindest Bilder zu produzieren.

sueddeutsche.de interviewt den Wirtschafts-Ressortleiter der Zeitung, Ulrich Schäfer, zum Bahnstreik. Der schlägt sich ordentlich, fühlt sich der Körpersprache und Intonation nach zu urteilen etwas unwohl in der Rolle des Online-Kaspers - und ist eben nicht der Mann, den ich zum Thema hören will.

Nein, ich will als verwöhnter Fernsehzuschauer den Gewerkschaftschef Schell oder den Bahnchef Mehdorn oder wenigstens deren Sprecher und Büchsenspanner hören, aber eben nicht einen wackeren Journalisten, der mehr oder minder gut mit dem Thema befasst ist.

Das ist das Problem von uns Journalisten im Internetzeitalter - die Selbstreferenzialität, wir befragen uns zunehmend selbst und nehmen uns als Kronzeugen unserer eigenen Thesen...

Mittwoch, 1. August 2007

Wo das Web zu sich selbst findet

Es gibt bekanntermaßen Themen, bei denen das Medium Online zu sich selbst findet. Lotto ist so ein Beispiel, das Wetter auch und zum Beispiel Sex. Die Klicks, die durch das Reizwort Sex generiert werden, lässt sich keine - noch so seriöse - Online-Redaktion entgehen. Und wenn sich Sex mit den ebenso klickträchtigen Rankings koppeln lassen, dann wird eine besonders fette Klicksau erzeugt. Kostprobe: Die 237 guten Gründe für Sex. Findet sich aktuell weit oben bei Süddeutsche, Stern, Spiegel, FAZ.

Multimedia

Zeitungsverleger haben einen Traum. Sie wollen weg vom Papier und multimediales Internet machen. Das Ziel ist klar: Es gibt eine Nachricht und die soll auf möglichst vielen Kanälen verbreitet werden. Der Journalist soll nach dem Willen vieler Verleger zur eierlegenden Wollmilchsau werden, die Radio, Fernsehen, Zeitung, Web macht. Oft erschöpfte sich diese Multimediaoffensive bisher in mehr oder minder gelungenen Podcasts oder in hölzernen, schlecht vorgetragenen Nachrichtensendungen. Was ja auch kein Wunder ist. Wer gute Artikel schreibt, schneidet noch lange keine guten Fernsehbeiträge; wer gut recherchiert, hat noch lange keine schöne Radiostimme. Dem Mittelmaß wird der Weg bereitet; der mediokre Journalist der Zukunft macht alles mögliche - und nichts richtig gut. In welche Richtung die Reise geht, zeigt jetzt exemplarisch stern.de. Die große UIli-Hoeneß-Story wurde - in recht brauchbarer Qualität - mitgeschnitten, Teile des Videos stehen im Netz.