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Dienstag, 2. Oktober 2007

Biedersinn im Bundle

Ich kannte mal einen netten Pressesprecher von web.de, der mir oft erzählte, dass web.de auf dem Wege sei, ein ernsthaftes Nachrichtenportal zu werden. Sogar einen dpa-Mann habe man verpflichtet.

Der Pressesprecher ist nicht mehr da und die Ansage scheint Schnee von gestern zu sein - oder zumindest wird der dpa-Mann offenkundig unterjocht, wenn ich mir die Themenauswahl anschaue, die Tag für Tag auf diesem eigentlich wichtigen Portal zu sehen ist, das ich für seine E-Mail-Funktionen sehr schätze.

In der Nussschale finden sich hier alle Klicksäue, Seichtigkeiten und Quotenbringer, die gerade zum Instrumentarium einer gewieften Online-Redaktion zählen. Schlicht gestricktes Programm, sicherlich erfolgreich, wenn man über die fiesen Tricks der Billigflieger schreibt, die Rollenverteilung von Mann und Frau mit recht hanebüchenen, biederen oder misslungen ironischen Tipps (die von MensHealth stammen, was es nicht besser macht) und die mittlerweile nicht mehr ganz taufrische Berichterstattung voller Häme über die unvermeidliche Paris Hilton. Schade, dass ich aktuell auf der Homepage dieses wichtigen Groß-Portals weder etwas finde über Putins Finten, doch noch an der Macht in Russland zu bleiben. Oder über das Aufsehen erregende Buch von Joschka.

Liebe Kollegen aus den anderen Redaktionen: Was web.de liefert, ist leider der Stoff, aus dem die Klicks sind. Dieses populäre Sammelsurium - und das meine icht ernst - bringt Quoten, und macht jedes Angebot garantiert verwechselbar (-;

Sonntag, 1. Juli 2007

Lesetipp, Schwarmgeist, stumpfer Kollektivismus

Komme gerade aus Asien zurück und habe in der Tageszeitung "Shanghai Daily" eine recht interessante Rezension gelesen über das Buch "The cult of the amateur" von Andrew Keen, ein Internetunternehmer, der mit Weblogs und Bloggern hart ins Gericht geht. Das Buch kennen wahrscheinlich einige von Euch, ich habe es aber ausgerechnet erst in der Blogger-Diaspora China entdeckt (-;

Keen kritisiert vor allem jene abermillionen Blogger, die mit ihren Nichtigkeiten einen schier endlosen Dschungel der Mittelmäßigkeit ("endless digital forest of mediocrity") erschaffen. Darüber hat sich eine spannende Diskussion entwickelt.

Das bringt mich auf die Idee, zu einem der von den Lesern am meisten kritisierten Punkte in unserem Gutachten für die Ebert-Stiftung Stellung zu nehmen. Wir haben die These aufgestellt,"dass von Laien betriebene Vor- und Scheinformen von Journalismus in Gestalt sozialer Netzwerke und Weblogs sich als Bedrohung für den redaktionell betriebenen Journalismus erweisen" (S. 83).

Viele Blogger haben sich darüber beschwert und uns (als bei Zeitungen ausgebildeten und in klassischen Verlagen tätigen Redakteuren) Konservativismus, besitzstandswahrendes Denken und einseitige (Print-)Perspektive vorgeworfen. Sie legten unsere These dergestalt aus, dass wir Blogs per se als Bedrohung für journalistische Internetangebote ansehen, die den Qualitätsjournalismus unterminierten. Davon kann angesichts der vielen hervorragenden Weblogs wie bildblog überhaupt keine Rede sein, im Gegenteil!

Unsere Darstellung ist nicht gegen Blogger gerichtet, sondern eher ein Weckruf an rückwärtsgewandte Verleger, die das Internet und Web 2.0 müde belächeln und glauben, allein der Verweis auf 100 Jahre Tageszeitung genüge zu deren Legitimation und als ewiger Jungbrunnen. Um es klar zu sagen: Verleger und Chefredakteure müssen runter vom hohen Ross. Die Leser lechzen mitnichten nach halbgaren Leitartikeln und hyperventiliert und schlampig aus Nachrichtenagenturen zusammengestrickten Zeitungsaufmachern! Der Siegeszug vieler Weblogs und anderer Neben-, Vor- und Scheinformen des Journalismus, das Aufkeimen eines lebhaften Parajournalismus, belegen ja gerade, in welcher Sinn- und Vetrauenskrise viele hauptberuflich verwaltete, verlegerisch ausgerichtete Medien stecken.

Wenn aber als Konsequenz daraus die Bedeutung von Blogs und anderen partizipatorischen Formen im Netz zunimmt, muss erst recht Kritik an diesen medialen Darstellungsformen erlaubt sein. Die Einhaltung journalistischer Qualitätsstandards muss immer dann konsequent eingefordert werden, wenn Blogger die Rolle von Redakteuren einnehmen (wollen). Und Kritik übt Keen in seiner Polemik nicht zu knapp.

Eigentlich bringt er viele bekannte Argumente noch einmal griffig auf den Punkt, wenn er etliche Blogger als "intellektuelle Kleptomanen" brandmarkt, als digitale Diebe, die ungeprüft Gerüchte weiterreichten. Neu ist der Vorwurf nicht. Auf einer Tagung warnte der Berliner Literaturwissenschaftler Hans-Joachim Neubauer bereits 2006 davor, dass sich die Mediengesellschaft an der "Schwelle zu einem neuen Zeitalter des Gerüchts" befinde. Und Irmela Schneider stellte eine "Renaisscance des Gerüchts" in den Medien fest, etwa in der Berichterstattung über vermutete Terrorakte (ddp, 2.10.2006).

Außerdem warnt Keen vor Gleichmacherei und Gleichschaltung, Holzschnittartigkeit und Belanglosigkeit vieler im Netz gesetzter Themen. Auch das ein bekannter, deshalb aber nicht minder bedeutsamer Vorwurf. Auch Internet-Visionär Jaron Lanier hat mehrfach vor dem Internet als "Kulmination stumpfen Kollektivismus" gewarnt und dem Schwarmgeist der Netz-Community die Weisheit abgesprochen (Der Spiegel 46/2006).

Was die Ausrichtung am Massengeschmack, die Befriedigung des Nutzerschwarms, aus journalistischer Perspektive bedeutet, lässt sich tagtäglich wirkmächtig in der Nachrichtenauswahl der T-Onlines, Yahoos, WEB.DEs und MSNs nachvollziehen.

Freitag, 20. April 2007

Jetzt auch in Frankreich: Nackt auf Seite eins

Auch in Frankreich wird aktuell diskutiert: Denn offenbar gibt's dort bald eine "Bild à la française"

Rund zwanzig Journalisten arbeiten offenbar an einem Projekt namens "Bild à la française", schreibt Gregor Waschinski von der Berliner Zeitung. Inhalt: Skandale, Klatsch und Sport für 50 Cent das Exemplar.

Springer kommentierte etwaige Spekulationen bislang nicht. Das Land kennt keinen klassischen Boulevardjournalismus. In dem lesenswerten Artikel, der auch die Struktur des französischen Zeitungsmarktes beleuchtet, heißt es: "die Revolverblätter aus Deutschland oder England mit ihren nackten Titel-Girls und aggressiven Schlagzeilen gelten nicht nur unter Intellektuellen als publizistischer Super-GAU."

Ach ja - ganz wichtig, da ein weiteres Thema unserer Zeit!!! Knut geht es gut!