Mittwoch, 30. Mai 2007

Nutzerumverteilung und neue Medienära

Die großen Internetunternehmen T-Online, Yahoo, MSN und AOL haben im vergangenen Jahr an Reichweite im Internet verloren, berichtet FAZ.net, vor allem gegen Web-2.0-Anbieter wie Wikipedia, Myvideo oder StudiVZ.

Die beliebteste Web-2.0-Seite der Deutschen sei Wikipedia, die von 33 Prozent aller Nutzer aufgesucht wird, hat Nielsen-Netratings gemessen. Wikipedia, Youtube und Myspace hatten demnach von Januar auf Februar demnach überraschenderweise die loyalsten Nutzer. Eine Tatsache, der wir in der Studie "Klicks, Reizwörter, Quoten" (Kapitel V., S. 46ff.) unter dem Stichpunkt "Soziale Netzwerke" nachgehen.

Zu dem Thema hatte sich kürzlich auch Ciscos Vizepräsident Dan Scheinman geäußert. Er sagte Anfang Mai, dass soziale Netzwerke zukünftig den Medienkonsum bestimmen. Damit dürfte das Medienhaus gut aufgehoben sein, das für virtuelle Netzwerke die besten Angebote bereithält, um Informationen in Foren, Gruppen, und Netzwerkblogs gut zugänglich zu machen, beispielsweise über exzellente RSS-Feeds.

Der Cisco-Vize sieht im Web 2.0 den Beginn einer neuen Medienära. Unternehmen können anhand von sozialen Netzwerken am besten verstehen, wie in Zukunft Content verbreitet und konsumiert werden wird, berichtet der Branchendienst ZDnet. Scheinman wird zitiert mit den Worten: "Wir erleben den Beginn einer neuen Medienära, in der die Konsumenten die Werte und die Kreativität bestimmen."

Sonntag, 27. Mai 2007

Totenschiff Online-Redaktion

Gestern erzählte mir ein Kollege auf einer Party, wie stark gerade die Gehälter im Journalismus verfallen. Konkret ging es um n-tv, deren Manager sich angeblich rühmen, teilweise Jahresgehälter von lächerlichen 25.000 bis 27.000 Euro zu zahlen: für Vollzeit-Redakteure! Selbst (Print-)Volontäre haben vor fünf oder sieben Jahren 10.000 Euro mehr bekommen.

Erfahrungen aus Online-Redaktionen sind mitverantwortlich dafür, dass die Gehälter mit einer solchen Verve gedrückt werden. Viele Verlage haben bei ihren Online-Produkten erfolgreich mit neuen Beschäftigungsbedingungen (Kollegen werden nicht als Redakteure, sondern als Content Manager eingestellt, um ihnen gewissen Sozialleistungen streichen zu können) experimentiert. Diese unheilvollen Erfahrungen werden jetzt auf Printredaktionen übertragen. Online-Redaktionen erweisen sich als Speerspitze eines industrialisierten Journalismus, zum Vorboten ökonomischen Ausrichtung aller Produktionsprozesse.

Ziel der Verlage und Medienhäuser ist es, möglichst viele Inhalte zu möglichst geringen Kosten zu produzieren. Das ist im Prinzip in Ordnung und die Grundlage ökonomischen Handelns.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist aber die institutionalisierte Mangelverwaltung zu einem Kennzeichen der Arbeit in Redaktionen geworden. Dem Mangel an Personal und materieller Ausstattung begegnen viele Verlage mit der Entwicklung neuer Schichtsysteme, die das Defizit ausgleichen sollen. Das führt zu Fließband-Journalismus mit allen schlimmen Begleiterscheinungen - vor allem aber geht die Identifikation mit dem journalistischen Produkt verloren.

Und das führt dann eben dazu, dass Online-Journalismus für Journalisten keine sonderlich attraktive Karriereperspektive bietet und die Tätigkeit als Online-Redakteur in den Ursprungsredaktionen häufig nicht sehr hoch angesehen ist.

Latent verbirgt sich hinter den niedrigen Gehältern und industrialisierten Produktionsbedingungen natürlich auch eine Verachtung, die gerade Verlagskaufleute den (Online-)Journalisten entgegen bringen.

Und die lässt sich auch aus der Historie erklären. Das geringe Ansehen der Arbeit in Online-Redaktionen und der schlechte Leumund der Web-Redakteure geht auf Versäumnisse in den Boomzeiten zurück. Ende der Neunziger Jahre war es derart schwierig, geeignetes Personal für Online-Redaktionen zu finden, dass die Medienhäuser sogar hohe Kopfprämien für die erfolgreiche Vermittlung von Journalisten zahlten. Viele Verlage stellten angesichts des Personalmangels wahllos Berufsneulinge oder Quereinsteiger ein. Unter diesen waren nicht selten auch unzureichend qualifizierte Journalisten, was zu einer Stigmatisierung der „Onliner“ beitrug.

Mir sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen genau dies geschah – dass also Kollegen, die man aufgrund ihrer Arbeitseinstellung oder aufgrund gesundheitlicher Probleme in den Printredaktionen loswerden wollte, in die Online-Redaktionen versetzte. Die Folge: In vielen Online-Redaktionen wurde und wird Frust geschoben, Dienst nach Vorschrift geleistet und das Ziel der meisten Redakteure ist klar: Eines Tages rauskommen aus der Online-Redaktion zu Print. Bloß runter vom Totenschiff.

Die Zusammensetzung der Online-Redaktionen ist inzwischen wissenschaftlich erforscht. Der typische Online-Journalist ist danach auffallend jung. Mehr als die Hälfte der Online-Journalisten sind zwischen 25 und 34 Jahre alt, während es in der Gesamtheit der Journalisten nur 42 Prozent sind. Berufsanfänger machen 15 Prozent der insgesamt erfassten Online-Journalisten aus; 16 Prozent sind Quereinsteiger, die vorher nicht journalistisch tätig waren. Lediglich ein Drittel der Journalistinnen und Journalisten hat ein Volontariat absolviert. Diese Fakten bestätigen die Annahme, dass im Online-Journalismus zumindest in den Anfangstagen tatsächlich ein relativ geringer Professionalisierungsgrad herrschte.

Zum Imageproblem kommen nach wie vor diverse Einschränkungen, die versierten Redakteuren die Arbeit in Online-Redaktionen verleiden: Der Mangel an Möglichkeiten, Artikel zu recherchieren und (unter eigenem Namen) zu schreiben; die begrenzten Reisemöglichkeiten; die Einbuße an Statussymbolen wie eigene Büros, zum Teil auch Dienstwagen oder Blackberrys; die Unmöglichkeit, im nennenswerten Umfang an Ausschüttungen der VG Wort beteiligt zu werden und schließlich der Schichtdienst lassen den Beruf des Online-Journalisten im Vergleich zum Berufsbild vieler Printredakteure wenig attraktiv erscheinen.

Die Unterschiede in den Arbeitsbedingungen verfestigen innerhalb der Redaktionen den Eindruck einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Allerdings gibt es einen Trost (-; Es zeichnet sich ab, dass sich die Arbeitsbedingungen der Print-Redaktionen denen im Online-Journalismus angleichen werden, so dass im Laufe der kommenden Jahre mit einer Nivellierung auf niedrigerem Niveau zu rechnen ist.

Samstag, 26. Mai 2007

Fiese Fundsachen

Sex sells, sagt die abgegriffenste Zeitungs-Blattmacher-Weisheit, die ich kenne. Und über Online-Teaser, in denen die Signal-Wörter Sex, Eklat, Blutbad, Drama vorkommen, haben wir hinlänglich geklagt. Da aber das schnöde Wort Sex aber offenbar nicht mehr reicht, um Klicks zu generieren (weil das Publikum abgestumpft ist? weil es alle machen?), drehen einige Kollegen die Schraube Tag für Tag noch ein bisschen weiter (-; Frische Fundsachen: Sperma als Salatsoße bei Spiegel Online und die Designer-Vagina bei Welt Online.

Donnerstag, 24. Mai 2007

Post vom Medienwissenschaftler zum Markt

Robin Meyer-Lucht hat sich heute in einer ausgeschlafenen Analyse zum Thema "Virtualienmarkt: Überlebt der Journalismus den Markt?" auf perlentaucher.de zu Wort gemeldet. Der renommierte Medienwissenschaftler diskutiert unter der Bezeichnung "Zitronen-Journalismus" die Markt- und Zukunftsfähigkeit der hochkarätigen Journaille. Höchst lesenswert und stringent hergeleitet kommt Meyer-Lucht zu folgenden Schlüssen:

"Wenn sich Journalismus allein an Konsumpräferenzen und Verwertungslogiken orientiere, könne er seiner demokratisch-aufklärerischen Aufgabe nicht mehr gerecht werden."

"Qualitätsmedien würden eine gewisse Distanz zum Markt benötigen (...), andernfalls populistischen Tendenzen anheim fallen und an Kritikfähigkeit einbüßen."

Das Internet erweise sich als "furioser Agent einer Liberalisierung innerhalb der Journalismus-Industrie. Wo einst gemütliche Oliopole blühten (und in den Köpfen noch blühen, d.V. ...) herrscht zunehmend die Kreativität der Marktkonformität."

Phänomene, die sich diejenigen Online- und Printpublikationen zunutze machen könnten, die diese Entwicklung als erste antizipieren - und zwar mit einer Gegenoffensive. So stellte Judith Roth bereits im Jahr 2005 in "Die Google-Gesellschaft" fest:

"In Zeiten der Informationsüberproduktion (...) muss (der) Mehrwert sehr genau bestimmt, Tag für Tag umgesetzt und nicht zuletzt auch beworben werden. (...) Das Paradoxe dabei: Je mehr sich der Markt der Informations- und Unterhaltungsangebote ausdifferenziert, umso energischer muss jeder einzelne Anbieter Techniken zur Aufmerksamkeitsgewinnung einsetzen und erarbeiten. Dabei wird die Reizüberflutung jedes Mal ein wenig mehr verstärkt. Für Tageszeitungesverlage liegt darin eine Chance: Als Alltagsmedium kann diee Tageszeitung in den kommenden Jahren ihr Profil noch stärker dahingehend ausrichten, dass sie den Lesern eine Welt erklärt, die immer komplexer zu werden scheint." Das gilt nach Auffassung von Werkkanon in noch stärkerem Maße für die jeweiligen Online-Ableger.

Bloß: Wer agiert so?

Gehetzt nehmen Tageszeitungen den Kampf um die Aufmerksamkeit des abgelenkten Lesers auf, versuchen ihn mit Scoops zu überhäufen und ihm auch die kleinste Abweichung des Einheitsbreis als Exklusivstory zu vertickern. Was dabei kontinuierlich schrumpft: Scoops by thinking.

Focus Online-Chefredakteur Jochen Wegner spricht in derselben Publikation von einer "Googleisierung der Medien" kritisiert seine Redakteurskollegen, die seiner Einschätzung nach "ihre Themen bereits verzerrt wahr(nehmen), nur, weil Google besonders wenig dazu findet oder besonders viel." Und mutmaßt: "Vielleicht werden bestimmte Experten nur deswegen so oft zitiert, weil sie mit Google besonders einfach zu finden sind."

Kommunikationswissenschaftler Prof. Christoph Neuberger spricht in diesem Zuge von einem "Ende des 'Gagekeeper-Zeitalters'" und beschreibt professionelle Online-Angebote als "teuer, weil eine Redaktion unterhalten werden muss, die kontinuierlich Nachrichten sammelt, auswählt, präsentiert und kommentiert." Wegen der immensen Kosten sei das technische Potenzial des Internets - Multimedialität, Interaktivität (...) noch kaum ausgeschöpft. Und im Resultat die Hoffnung auf einen völling neuen Journalismus bislang enttäuscht worden.

Die Entwicklung hat sich sogar ins Gegenteil verkehrt. Mangels notwendiger Investitionen, die in Online-Redaktionen fließen und einem parallel stark steigenden Online-Werbemarkt klafft eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, der die Werkkanon-Autoren einen üblen Nachgeschmack prognostizieren.

Haben Tageszeitungen zunächst das Feld der Rubrikenmärkte in Print verloren und in Online verpasst aufzubauen - teils aus Angst vor Kanibalisierung - so stehen nun mobile.de, ebay und andere No-Names an der Spitze der Entwicklung.

Dass eines Tages die Informationshoheit in die Diskussion gerät, hätten sich viele Publisher jedoch nicht träumen lassen. Noch belächeln Altgesottene und Besitzstandswahrer neue Formen im Netz als unjournalistisch und fühlen sich sehr sicher in ihren etablierten Positionen. Ignorieren gar, dass ihnen Leserschaft und Einfluss schwinden und sie im Netz schon viel mehr Rezipienten erreichen können. Spätestens wenn ihnen aufgrund solch arroganten Verhaltens die wirtschaftliche Existenz entzogen wird, dürfte jedoch ein Umdenken einsetzen.

Daher werden die im Job überleben, die den Leser in den Fokus rücken und nicht ihr Ego. Die, die wandlungsfähig in Bezug auf das Entstehen neuer Mediengattungen und -kanäle sind. Und die, die bei wandlungsfähigen Herausgebern und Verlegern angestellt sind.

Wie Robin Meyer-Lucht schreibt, in dem er Jürgen Habermas zitiert: "Der Markt funktionier(t) als Bühne der politischen Öffentlichkeit nur so lange, wie die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht in die Poren der kulturellen und politischen Inhalte eindringen."

Eine spannende Frage wird sein, ob dies Wirtschaftsjournalisten, die tagein, tagaus über Strukturwandel von Kohle zu Dienstleistung berichten, diese (Medien-)Revolution als Protagonisten treiben oder aus Sturheit auf der Strecke bleiben. Dabei darf nicht vergessen werden: Das Netz ist ein etabliertes Informationsmedium. Es ist nicht neu. Doch agieren einige so, als sei es ein vorübergehendes Phänomen.

Dienstag, 22. Mai 2007

Dünne Suppe und Boulevard

Das Leitmedium Spiegel Online verdankt seinen Erfolg unter anderem der Hinwendung zum (Edel-)Boulevard. Heute findet sich auf einem Aufmacherplatz mal wieder besonders dünne Suppe - ein schönes und typisches Beispiel, was offenbar Klicks und Quoten bringt: Paula Abdul stolpert über einen Chihuahua.

Montag, 21. Mai 2007

Manipulation im Mitmachnetz und Oralsex

Spannender Beitrag auf Spon zum Thema: Verzerrung durch Klicks. Hier erfährt man viel über die vermeintliche Zuverlässigkeit der Pageimpressions als Gradmesser für Qualität und Wertschätzung eines Beitrags sowie die vorgebliche Intelligenz maschinengesteuerter Newssites. Und es ist ein Lehrstück über die vorgebliche Weisheit des Schwarmgeistes und die Klugheit der Massen. Fazit des Spiegel-Autors: "Popularität nährt sich selbst"...

PS: Was mir noch ein Anliegen ist, obwohl mehr als eine Woche alt (habe es vor dem Urlaub nicht mehr geschafft zu posten), ist diese Meldung "Oralsex kann zu Kehlkopfkrebs führen". Diese irrelevante und vermutlich pseudo-wissenschaftliche Geschichte konnten wir auf den führenden Websites rauf und runter lesen: hier und da und auch dort - quasi überall und auf den besten Plätzen. Bei gewissen Reizwörtern, in unserem Fall Sex, findet das Online-Medium eben zu sich - selbst die Internetangebote seriöser Muttermedien schreiben den Unsinn erst einmal auf und bringen später das Dementi. Verschweigen von Anfang an wäre besser gewesen...

Freitag, 18. Mai 2007

Wir sagen Dankeschön!

Liebe Werkkanon-Leser,

sicher habt Ihr Euch gewundert, dass in den vergangenen Tagen im Blog wenig passiert ist. Das lag an unglaublichem Zuspruch und toller Resonanz auf unsere Studie. Die Studie wurde diese Woche an zahlreiche Unis, Chefredakteure, Medienleute in gedruckter Form versendet und seitdem ernten wir eine ganz tolle Resonanz. Allen, denen wir noch nicht persönlich für ihre dankenden, beglückwünschenden oder auch kritischen Zeilen geantwortet haben, sei hiermit offiziell ein Dankeschön ausgesprochen. Wir haben damit unser Ziel erreicht, eine Diskussion über Qualitätsjournalismus im Netz anzuzetteln. Wir freuen uns auch ganz besonders, dass die medien-nahe Blogosphäre - sprich die Blogs, die sich mit der Medienszene beschäftigen - unsere Studie diskutieren. Nicht ausschließlich mit Zuspruch, aber immer sachlich und vorwärtsgerichtet - und darauf sind wir ehrlich gesagt sehr stolz. Hier im Werkkanon-Blog gibt es aber auch bald schon wieder neuen Lesestoff - bis dahin: Ein sonniges Wochenende!

Steffen und Roland

PS: Wer eine gedruckte Version anfordern möchte, kann dies direkt tun auf den Seiten der Friedrich-Ebert-Stiftung. Einzelexemplare des Gutachtens können kostenlos online hier abgerufen werden:
Bitte mit dem Stichwort: Range

Bestellt werden kann auch per E-mail an: Presse@fes.de, Bestellnummer: Puma 6054

Und das als PDF-Dokument könnt Ihr einsehen unter: www.fes.de/medienpolitik

PPS: Auf der FES-Website gibt es auch die Pressemitteilung zur Studie, die die Stiftung vergangene Woche versendet hat.

Donnerstag, 10. Mai 2007

Quiz bringt Klicks

Ich schätze die "Zeit", vor allem seit di Lorenzo sie modernisiert und den Staub rausgeschüttelt hat. Leider bedient sich das ansonsten aufgeräumte Internetportal derselben Taschenspielertricks, die alle anwenden, um ihre Klicks zu steigern. Heute auf der Homepage prominent platziert - ein Memory (-;

Bin gar nicht humorfrei. Und das eine oder andere Game gehört sicher zum Themenmix. Mich umtreibt nur, dass redaktionsferne Spiele/Bildergalerien/Wissenstests/Tools/Tarifrechner in den Internetredaktionen inflationär verwendet und stillschweigend vergötzt werden - nach dem Motto "Verschont die Leute mit Texten, Spiele bringen die Klicks..."

Kühne Behauptung? Überhaupt nicht. Haben wir über Monate untersucht...

"Noch erfolgreicher sind Gewinnspiele oder Rätsel. Virtuelle Adventskalender beispielsweise, die Dutzende Klicks erfordern, bis der Nutzer das richtige Törchen trifft, erweisen sich als Klickmaschinen und haben vielen Angeboten schon die Reichweite gerettet. Zur Klickkosmetik trägt daher im Alltag der Redaktionen der ausufernde Einsatz von Rätseln wie beispielsweise Sudoku bei. Solche Tests sind offenbar so erfolgreich, dass "Spiegel Online" im Herbst 2006 die "Rätselwochen" ausgerufen hat." (S. 65)

Ich weiß, ich ereifere mich immer wieder darüber und sage erstmal nix mehr dazu. Ceterum censeo Carthaginem esse delendam (-;

Mittwoch, 9. Mai 2007

Spiegel Online boomt - finanziell

Spiegel Online wird in Zukunft vermutlich noch mächtiger, weil der Spiegel-Verlag massiv ins Internet investieren will - damit dürfte Spon den Abstand zur Branchenkonkurrenz weiter ausbauen. Und der ist ganz schön groß wie die neuen IVW-Zahlen zeigen.

Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lehnte sich der neue Spiegel-Geschäftsführer Mario Frank weit aus dem Fenster: "Wir werden massiv in den "Spiegel" und massiv ins Internet investieren. Weil wir glauben, dass der Printmarkt schrumpft - das ist seit Jahren so und betrifft nicht vorrangig den "Spiegel" (...) Aber es ist unübersehbar, dass es dort zurzeit kein Wachstum gibt. Im Internet ist es umgekehrt: Da explodieren die Zahlen, auch aufgrund des gesellschaftlichen Strukturwandels. Wer sich darauf nicht einstellt, der wird ein Problem kriegen. Wir nicht: "Spiegel Online" hat im ersten Quartal dieses Jahres sechzig Prozent mehr als im Vorjahr an Anzeigenumsätzen erzielt. "Spiegel Online" wird dieses Jahr einen größeren Anzeigenumsatz verbuchen als das manager magazin. Man müsste sich schon Augen, Ohren und Nase zuhalten, um diese Entwicklung zu verkennen."

Fundsache: Zeitung vs. Internet

Der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG (und mein oberster Chef), Mathias Döpfner, hat davor gewarnt, Printmedien und Internet gegeneinander auszuspielen.
"Das Internet ist nicht die neue Zeitung", sagte Döpfner vorgestern in Hamburg. Es werde weder das Fernsehen noch die Zeitung ersetzen. Mit "exklusiven Neuigkeiten, eigenständigen Meinungen und einer eindringlichen Sprache" könnten Zeitungen ihre Stärken gegenüber dem Internet-Journalismus ausspielen. "Die Zeitung muss sich auf sich selbst, auf ihre Stärken besinnen, denn das Bedürfnis nach Orientierung wächst", sagte Döpfner.

Mit seiner Forderung hat Döpfner nicht ganz Unrecht. Leider erscheint es derzeit aber so, dass viele Zeitungen - angespornt durch Readerscan und das Schielen auf Klickstatistiken - genau den umgekehrten Weg beschreiten und die Einschaltquote und den Massengeschmack zum Maß aller Dinge machen... siehe unsere gerade erschienene Studie.

Im übrigen behaupten wir Printredakteure seit Jahr und Tag, dass genau das Bedürfnis nach Orientierung und Einordnung der Zeitung ihren Bestand garantiere. Was, wenn eines Tages ein kluges Nachrichten-Internetportal sich ebenfalls darauf besinnt, nicht nur auf Crap und Fun und Bildergalerien und Rätsel zu setzen? Dann wäre der angebliche USP der Zeitung futsch.

Dass die Nutzer das Bedürfnis nach Orientierung haben und (Print-)Journalisten zugestehen, ihnen dafür besonders probate Leitplanken zu bieten, hoffe ich zutiefst. Ich bin aber immer noch auf der Suche nach der ultimativen wissenschaftlichen Studie, die das belegt und die zeigt, dass jungen Lesern die aufgeladene und glaubwürdige Zeitungsmarke wirklich wichtiger für die schnelle Info ist als ein x-beliebiges Unterhaltungsportal. Für das Gegenteil gibt es leider mehr Studien und Beweise - siehe das kluge Buch von Philip Meyer: The Vanishing Newspaper.