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Sonntag, 3. Februar 2008

Sehr lesenswert auf SpOn: Mein digitaler Selbstmord

Eine exzellent geschriebene Reportage zur Nutzung von Sozialen Netzwerken wie studiVZ, Xing und Facebook hat heute Spiegel online veröffentlicht. Zwar muss man sich durch immerhin sieben Klickhäppchen wühlen (journalistische Websites refinanzieren sich über Reichweiten, die durch die möglichst große Anzahl von Klicks entstehen, d.V.), aber die Geschichte reflektiert sehr gut, welchen Stellenwert inzwischen so genannte Social Networks im Leben junger Menschen eingenommen haben. Natürlich werden sich die Wenigsten von diesen abmelden. Längst sind studiVZ und Xing so groß geworden, dass sie einfach sich selbst aktualisierende Telefonbücher darstellen und mit dem reinen Networking nur noch wenig gemein haben. Und: In der Tat ist es heute so, dass Leute, die nicht in diesen Adressbüchern stehen - irgendwo außen vor bleiben. Entweder gewollt, weil sie in der ersten Managementebene agieren, oder eben weil sie diesen Trend verschlafen haben. Auch die Versuche von Verlagen, soziale Netzwerke aufzubauen hängt ja damit zusammen, dass hier valide Daten monetarisiert werden können. Ein Problem, das bei studiVZ aktuell aufkommt: Viele Nutzer verfremden ihre Namen. Aus Angst, die Daten könnten verkauft werden.

Diese Angst geht zurück auf einen Kommunikationsgau. studiVZ wolle die Nutzerdaten verkaufen hatte es Ende des vergangenen Jahres geheißen. Dabei macht studiVZ nichts anderes als es Facebook und mySpace seit jeher tun: Zu den persönlichen Profilen wird passende Werbung ausgeliefert. Das muss nicht mal schlimm sein, denn wer freut sich denn nicht, wenn seine Lieblingsband ein neues Album herausgebracht hat und die Werbung dafür auf der persönlichen Startseite angezeigt wird - an Stelle von Tamponwerbung oder dem neuen Lexus, den man sich sowieso nicht leisten kann? Was das jetzt noch mit Journalismus zu tun hat? Kommunikation hat längst den Nutzer im Web weg gebracht vom reinen Rezipieren. Er nimmt teil am Web. Zugegeben häufig mit Belanglosigkeiten, Pinnwandeinträgen oder Gästebuchgrüßen. Aber die Zeit für die Mediennutzung kann nunmal jeder nur einmal verbringen. Und da fesseln interaktive Plattformen einfach stärker als ein einzelner Artikel.

Nun wird es spannend, ob der Versuch der Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der studiVZ gehört, gelingt, das Nachrichtenportal zoomer.de mit StudiVZ zu verzahnen. So soll es zumindest nach Informationen der Welt Online passieren. Welt Online berichtet seit mehreren Wochen sehr regelmäßig und kritisch über studiVZ. Böse Zungen behaupten allerdings, dies sei lediglich eine Folge dessen, dass Springer gegenüber Holtzbrinck beim Kauf von studiVZ nicht zum Zuge gekommen sei.

Dienstag, 9. Oktober 2007

"Zeit"-Chefredakteur hält Print für zukunftsfähig

Interessante Einlassung von Zeit-Chefredakteur di Lorenzo - er sieht eine Zukunft für Print und verweist auf den Erfolg seiner "Zeit", die bei guter Rendite 22 Quartale in Folge die Auflage gesteigert habe.

Noch spannender ist, was er im "Focus" über seine Branchenkollegen sagt. Ihn schmerze, "dass es in Deutschland Verleger und Verlagsmanager gibt, die den Eindruck erwecken, als sei Print nur noch eine Art Übergangsmedium". Das sei schon in der Sache falsch, aber auch ein "merkwürdiges Marketing". "Noch haben wir die Situation, dass wir Online finanzieren. Da sollten wir die Blätter nicht schlechtreden."

Er lädt weiter durch und zweifelt, ob Online tatsächlich ein primär journalistisches Medium werden könne. Und belebt die längst überwunden geglaubte Diskussion von der Kannibalisierung Print-Online wieder, die vor Jahren Springer-Chef Döpfner und der frühere T-Online-Vorstand Holtrop schon einmal angezettelt hatten. (Ohne Erfolg). Lorenzo warnt vor einer Strategie, "unsere kostbaren und kostspieligen Inhalte" kostenlos im Internet zu verbreiten.

Seine Analyse stimmt in vielen Punkten. Zu Recht sät er Zweifel daran, dass das Online-Medium primär an journalistischen Qualitätskriterien ausgerichtet ist. Es ist per se markt- und massenpublikumsorientiert, und damit nicht zwangsläufig journalistischer Qualität im konservativen oder dogmatischen Sinne zugewandt. Auch trifft seine Feststellung zu, dass viele Chefredakteure und kaufmännische Leiter in führenden Verlagen Print für ein fast totgerittenes Pferd halten und aus dieser Einschätzung auch keinen Hehl machen.

Andererseits argumentiert di Lorenzo aus der komfortablen Position des Wochenzeitungsjournalisten. Am Bestand professionell gemachter Wochenzeitungen und Magazine, die sich entweder an eine Avantgarde (Zeit, Geo, Mare) oder an Couch-Potatoes (Goldenes Blatt) wenden, hat doch nie jemand gezweifelt! Für diese Publikationen und ihre Zielgruppen bietet das Web keine oder nur unzureichende Alternativen.

Tageszeitungen dagegen spenden di Lorenzos Äußerungen keinen Trost. Für sie ist es drei vor zwölf; ihnen ist das Alleinstellungsmerkmal gegenüber gut gemachten Online-Newsportalen abhanden gekommen.

Samstag, 6. Oktober 2007

Seichtes Tralala oder traurige Wahrheit

Wohin steuert das Web? Qualitätsjournalismus oder verbrämte PR und seichtes Tralala? Dass wir uns gerade an einer Weggabelung befinden, ist hinlänglich bekannt und - auch an dieser Stelle - herausgearbeitet. Welche beiden Konzepte sich unversöhnlich gegenüberstehen, lässt sich exemplarisch am Beispiel der Malediven aufzeigen.

Da gibt es einen qualitativ hochwertigen Artikel, der auf Spiegel Online zu lesen ist. In diesem Text ist eben nicht nur von schneeweißem Sand die Rede, sondern auch von einem abscheulichen Diktator, der den Archipel mit harter Hand und einem Überwachungsapparat regiert. Erstaunlicherweise und erfreulicherweise steht die kritische Reportage im Reiseressort. Bezeichnenderweise kommt dieser Text übrigens aus einem Printmagazin (Mare).

Und dann gibt es auf web.de die übliche Leier von den tollen Atollen der Inselgruppe im indischen Ozean, deren Hotels Luxus pur bieten. Dieser Text samt Bildergalerie ist eingebettet in ein anzeigenfreundliches Umfeld.

Und genau dieser Umgang mit den Malediven verdeutlicht, dass der Web-Journalismus an einer Scheidemarke angelangt ist. Für Spiegel Online und web.de ist die Sache klar.

Viele andere Redaktionen dagegen irrlichtern gerade und wissen nicht, ob sie sich für den seichten Musikantenstadl-Journalismus entscheiden sollen, der den Lesern Wahrnehmungsenergie erspart, oder der Qualitätsjournalismus, der den Blick über den Tellerrand ermöglicht, aber dem Konsumenten mehr Kraft und Konzentration abverlangt.

Freitag, 15. Juni 2007

Weischenberg irrt

Der Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg warnt laut einer kurzen dpa-Meldung auf dem Branchendienst "Newsroom" vor einer Kommerzialisierung des Journalismus. Der Journalismus und die Medien sind nach seiner Ansich immer mehr den Gesetzen der Kommerzialisierung unterworfen. Wichtige Themen stünden neben solchen, deren Relevanz fraglich sei. Ein Ergebnis, zu dem auch unser Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung kommt. Trotzdem seien die klassischen Medien wie Zeitung, Hörfunk oder Fernsehen alternativlos - und hier irrt Weischenberg leider. Denn wer in der sich in der Praxis bewegt, sieht in den Redaktionen schnell, dass diese sich am Tempo und den Themen der Online-Kollegen orientieren. Das Internet wird nach Weischenbergs Auffassung überschätzt. Nach unserer Studie und unseren darin belegten Beobachtungen ist es der Grund für den Medienstrukturwandel.