Dienstag, 30. Oktober 2007

Die Verlage machen sich Mut

Die Zeitungsverleger machen sich Mut und verweisen auf eine brandneue Studie, nach der die meisten Deutschen (78 Prozent) die gedruckte Zeitungen angeblich für unverzichtbar halten. Ferner sind 81 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass die klassischen Printmedien ihre Bedeutung gerade für Hintergrundinformationen und tiefergehende Analysen behalten werden.

Das klingt wie aus einem Neujahrsbrief der Chefredaktion - und ist doch nicht mehr als die übliche Selbstbeschwörungsformel. Denn mal ehrlich - welche Zeitungen bieten tatsächlich Hintergrundinformationen, die über das profunde Angebot von Spiegel Online, sueddeutsche.de oder Welt Online hinausreichen? Am Trägermedium Papier liegt es wohl kaum.

Ich weiß, ich weiß... als nächstes kommt das Argument, dass niemand am Frühstückstisch ein Laptop zum Zeitunglesen aufklappen will und dass Papier so schön raschelt (-;

Fakt ist aber doch, dass möglicherweise zwar Dreiviertel der Deutschen Zeitungen für ein unverzichtbares Kulturgut halten, doch das heißt eben noch lange nicht, dass sie sich auch Zeitungen kaufen. Es mag sein, dass die Zeitung schön raschelt am Frühstückstisch. Wenn aber der Zeitung die wirtschaftliche Basis entzogen wird, sind dann in 15 Jahren die verbleibenden vier oder fünf Millionen deutschen Tageszeitungsleser bereit, um der Haptik willen fünf, sechs oder neun Euro für eine gedruckte Ausgabe zu zahlen?

Da fällt mir ein schönes Wort von Peter Glotz ein: "Zu lange wurde angenommen, die Tageszeitung habe qua ihres kulturellen Mandats auch eine Art Bestands- und Bedeutungsgarantie. Doch es hat wenig Sinn, so zu tun, als könnte man Qualitätszeitungen als Kulturinstitutionen definieren, die den Gesetzen des digitalen Kapitalismus entzogen wären, sozusagen als Stiefgeschwister der Theater."

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Steffen,

ich weiß nicht, ob es auf Dauer das Rascheln braucht - hochwertigen Inhalt braucht es in jedem Fall, sonst erübrigt sich die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der Leser ohnehin.

Die Frage ist, ob jedes Medium (unabhängig vom physischen Transportmedien) bereits einen Plan hat - im Wortsinne - wie die digitalisierte Zukunft aussehen soll.

Im Falle meines Blattes habe ich da leider immer noch meine Zweifel.

Gruß aus der Kasernenstraße

derQn

Psi17 hat gesagt…

Seit ich Internet habe, kaufe ich auch weniger Zeitungen. Es ist natürlich eine Kostenfrage und Papier raschelt zwar schön, ist aber auch Müll. Zeitungen sind vollgepackt mit Werbung und bringen sehr viel Information, die ich gar nicht haben will, während viele Informationen die ich gerne hätte, nicht enthalten sind. Zeitungen berichten oft einseitig. Nicht in erster Linie, indem sie Berichte einseitig abfassen, sondern indem sie über bestimmte Ereignisse berichten, über andere aber wieder nicht.

Strange hat gesagt…

@derQn: Stimmt natürlich mit den Inhalten, wobei mich der personelle Zustand vieler (Print)-Redaktionen nicht eben hoffnungsfroh stimmt. Die Schlagkraft der Online-Redaktionen wächst leider nicht im gleichen Maße wie die Potenz der Print-Redaktionen abnimmt.

@imho: Du sagtst, dass Zeitungen recht selektiv berichten und dass Du das als einseitig empfindest. Viele Verleger sehen aber genau darin die wichtigste Existenzberechtigung der Zeitung... dass sie im Dschungel Tausender Nachrichten Orientierung bietet, dass sie ein Leuchtturm ist. Für meinen Geschmack ist das ein Pfeifen im Wald. Denn das kann gut gemachter Journalismus im Internet eben auch...

Anonym hat gesagt…

"Machen Blogger die (Mainstream-)Journalisten überflüssig?" stellte ich im März 2007 in einem Referat die rethorische Frage. Heute bin ich mir nicht mehr sicher, ob dies nur eine rethorische Frage ist.